Verzweifelt!
by Schusy
Altersfreigabe: ab 12
Charaktere: Jack, Charly
Kategorie: Drama, Romantik
Zusammenfassung: Zwischen Season 1 und Season 2, Charly, ein
irischer Pubbesitzer macht sich Sorgen um Jack, der in
einer tiefen, seelischen Krise zu stecken scheint.
Disclaimer: gehört alles 24; Ich
verfolge keinerlei finanzielle Interessen mit dieser
Story, etc.
Kapitel 3
Charly hatte zwar Recht,
Alkohol war keine Lösung für sein Problem, aber er half,
seinen Schmerz erträglicher zu machen. Zunächst war
Jack ziemlich wütend gewesen, als Charly sich trotz
seiner abwehrenden Haltung einfach zu ihm an den Tisch
gesetzt hatte, doch dessen Worte waren nicht ganz spurlos
von ihm abgeprallt, auch wenn Jack sich das gewünscht hätte.
Er war nicht so betrunken, dass er hätte die Wahrheit in
Charlys Worten nicht erkennen können. Ihm war klar, dass
sein Freund ihm nur helfen wollte und darum konnte er ihm
auch nicht wirklich böse sein. Einer spontaner Eingebung
folgend, hatte er ihm diesen verdammten Brief gereicht,
diesen Brief, der Schuld an seiner derzeitigen,
miserablen Verfassung war. Er hatte Charly aufmerksam
beobachtet, als dieser mit sichtlichem Unbehagen zu lesen
begann und dann voller Bestürzung die Bilder betrachtet
hatte. So hatte er nicht nur das zunächst fassungslose
Erstaunen in Charlys Augen registriert, er hatte auch das
kurze Aufblitzen darin bemerkt. Diesen Ausdruck kannte
Jack nur allzu gut und er wusste, was er bedeutete.
Charly hatte die Witterung aufgenommen. In ihm steckten
noch immer die Instinkte des Polizisten und auch, wenn er
sich nichts hatte anmerken lassen, so würde er versuchen,
mehr über diese Angelegenheit herauszufinden. Er würde
nicht locker lassen, bis er Erfolg hatte oder einsehen
musste, dass es einfach nichts herauszufinden gab.
Vielleicht war es ein Fehler gewesen, Charly in diese
Sache einzuweihen und Jack fragte sich zum wiederholten
Male, warum er sich dazu hatte hinreißen lassen. Hatte
er sich nicht geschworen, mit keinem darüber zu reden?
Niemanden gingen seine persönlichen Probleme etwas an
und doch war er für eine Sekunde schwach geworden, hatte
sich gewünscht seinen Schmerz mit einem Freund teilen zu
können. Zu viel war in letzter Zeit auf ihn eingestürmt,
zu viele Schicksalsschläge hatte er verkraften müssen,
zu oft kämpfen müssen und irgendwann war der Punkt
erreicht, wo man einfach nicht mehr kämpfen wollte, wo
einem alles egal war und man nur noch seine Ruhe haben
wollte. Jack fühlte sich leer und die Verzweiflung
wollte ihn schier übermannen. Wozu noch kämpfen, fragte
er sich hatte er nicht alles verloren, was das
Leben lebenswert machte?
Als Charly von einem seiner Söhne ans Telefon gerufen
wurde, hatte Jack erleichtert aufgeatmet. Kaum war Charly
durch die Tür verschwunden, hatte er sich den Brief
geschnappt, nach kurzem Zögern auch die Flasche
eingesteckt und sich schleunigst aus dem Staub gemacht.
Bezahlen konnte er später noch, Charly würde das
verstehen. Er hätte es jetzt unmöglich ertragen können,
noch weiter mit ihm über diese Sache zu reden. Was er
jetzt brauchte war Ruhe und Abstand oder noch
besser, er musste diesen Brief und dessen Inhalt
vergessen, wenn auch nur für kurze Zeit und dabei würde
ihm die Flasche Bourbon helfen.
Jack war noch nüchtern genug um seine nächste Schritte
genau planen zu können. Seine Wohnung, sofern man dieses
düstere Loch, in dem er zurzeit hauste, überhaupt als
solche bezeichnen konnte, würde er für die nächste
Zeit meiden. Dort würde Charly ihn sicher als erstes
suchen, auch wenn ihm klar war, dass Jack diesen Ort ganz
bestimmt nicht aufsuchen würde. Polizeiliche Gründlichkeit,
nannte man das wohl. Bei diesen Gedanken überflog ein
kurzes Lächeln sein von Kummer und Schmerz geprägtes
Gesicht. Charly war ein echter Kumpel und Jack wusste,
dass er ihm vertrauen konnte, aber es gab Dinge, die man
selbst mit seinen besten Freunden nur ungern teilte.
Fröstelnd zog Jack die Schultern hoch. Die Nacht war
verdammt kalt, aber vielleicht lag das auch mehr an
seinem derzeitigen Zustand, dass er so fror. Die Kälte
schien aus seinem Inneren zu kommen. Unwillkürlich
beschleunigte er seinen Schritt und hastete die Straße
hinunter. Er bog in die erste Querstraße ein, um möglichst
schnell aus dem Sichtbereich von Charlys Pub zu gelangen.
Doch auch dann behielt er das Tempo bei. Der Alkohol in
seinem Blut ließ ihn zwar hin und wieder taumeln, aber
dank seines starken Willens und seiner eisernen
Selbstbeherrschung gelang es ihm, die Kontrolle über
seinen nicht Körper zu verlieren. Jack kannte sich hier
genauestens aus, kannte jedes noch so geheime Schlupfloch,
jede noch so schmale und verlassen wirkende Gasse. Von
Verzweiflung getrieben, bahnte er sich seinen Weg,
benutzte Schleichwegen über dunkle Hinterhöfe, vorbei
an Bergen von Müll und Unrat. Sein Ziel eine
dieser billigen Absteigen, wie man sie hundertfach in der
Stadt fand, heruntergekommen, schmuddelig, in denen sich
der Abschaum der Gesellschaft herumdrückte, aber auch völlig
anonym. Hier interessierte es niemand, wer man war und
woher man kam, solange man bezahlen konnte. Die Preise
waren zwar niedrig, aber oft genug völlig überspitzt im
Vergleich zu dem, was man dann als Zimmer präsentiert
bekam. Doch das war Jack im Augenblick völlig egal, er
wollte einfach nur seine Ruhe und einen Platz, an dem er
seinen Schmerz vergessen konnte.
Das alte Gebäude, aus dessen Fassade an vielen Stellen
der Putz bröckelte, lag in einer schmalen, dunklen Gasse,
die alles andere als vertrauenserweckend wirkte. Ein
einfaches Schild neben der Tür auf dem stand: Nur
$20 pro Nacht, war alles was auf die Art dieses
Etablissements hinwies. Völlig geräuschlos öffnete
Jack die Tür und betrat schnell den dahinterliegenden
Raum. An der Decke baumelte eine einfache Glühbirne,
deren spärliches Licht bei weitem nicht ausreichte, den
Raum auch nur halbwegs auszuleuchten. Auf der rechten
Seite stand ein alter Tresen, darauf ein noch älteres
Telefon, an der Wand dahinter ein Schlüsselbrett, an dem
noch vier Schlüssel hingen. Linker Hand führte eine
marode aussehende Holztreppe in die oberen Etagen. Eine
halb angelehnte Tür führte in ein weiteres Zimmer, aus
dem leise Schnarchgeräusche zu hören waren. Offenbar
erledigte der Angestellte dieses noblen Etablissements
seinen Job im Schlaf. Jack wusste, wie das Geschäft in
diesen Billigabsteigen oft gehandhabt wurde. Er klemmte
die 20 Dollar unter das Telefon, schnappte sich wahllos
einen der Schlüssel und machte sich auf den Weg nach
oben.
Das Zimmer war winzig, die Ausstattung schäbig. Ein Bett,
dessen Decke bräunliche Flecke aufwies und ein wackliger
Stuhl an einem mickrigen Tisch war alles, was an Mobiliar
vorhanden war, aber Jack wusste, dass die anderen drei
Zimmer auch nicht besser sein würden. Also sparte er
sich die Mühe, sich das Beste heraussuchen zu wollen und
ehrlich gesagt, war es ihm in diesem Moment auch völlig
gleichgültig. Er stellte den Bourbon auf den Tisch, ließ
sich auf den Stuhl sinken und starrte, ohne wirklich
etwas zu sehen, vor sich hin. Mechanisch griff er nach
der Flasche. Es fühlte sich gut an, als die Flüssigkeit
seine Kehle hinunter ran und sich eine wohlige Wärme in
seinem Körper ausbreitete. Es würde ihm helfen zu
vergessen, wenn auch nur vorrübergehend. Im Geist sah er
die unheilvollen Zeilen dieses Briefes wieder vor sich.
Er kannte den Text, der ihn in so bittere Verzweiflung
gestürzt hatte, in- und auswendig, er hatte sich ihm förmlich
ins Gehirn eingebrannt. Dennoch griff er jetzt in seine
Jack und zog den Brief hervor. Unwillkürlich stöhnte er
auf, als er die beiden Fotos auf die Tischplatte gleiten
lies. Lange verharrte er völlig bewegungslos und starrte
auf die beiden Bilder, als könnten diese ihm Antwort auf
seine Fragen geben. Vielleicht würde er niemals die
Wahrheit herausfinden, vielleicht würde die Verbitterung
von nun an, an ihm nagen und ihn systematisch zerstören.
Wie viel konnte ein Mensch ertragen, ohne den Verstand zu
verlieren? Teri war tot, Kim hatte sich von ihm
abgewendet. Seine Familie war zerbrochen, sein Glück
zerstört, sein Job ihm zuwider. Es gab nichts mehr,
woran er sich klammern konnte, nicht einmal die
Erinnerungen waren ihm geblieben, denn auch diese waren
von Lügen durchzogen. Was besaß er denn noch, als sein
nacktes Leben?
Erneut griff Jack zur Flasche und trank den gesamten
restlichen Inhalt mit einem Zug aus. Er spürte, wie der
Alkohol seine Nerven lähmte, wie sein Verstand sich
langsam verwirrte und seine Augenlieder immer schwerer
wurden. Mühsam erhob er sich und wandte sich torkelnd
dem Bett zu. Die Wände schienen sich zu bewegen, ja
selbst der Boden unter ihm schwankte und obwohl es nur
wenige Schritte waren, so hatte Jack Mühe sein Bett zu
erreichen. Kaum hatte er dies geschafft, ließ er sich
erleichtert darauf fallen, rollte sich auf die Seite und
war schon nach wenigen Minuten eingeschlafen. Jetzt hatte
er seine Ruhe und die quälenden Gedanken würden ihm für
eine Weile erspart bleiben.
...to be continued...
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