Do ut des
by Some

Es war eine der härtesten Zeiten, die Jack je miterleben musste. Dieses selbe, mitleiderregende Gefühl, welches ihn schon früher so sehr geschadet, ihn an den Abgrund seiner Existenz gezogen, ihn so sehr belastet hatte – genau dieses Gefühl hatte er nun auch wieder.
Es erinnerte ihn an die Zeiten nach Teri´s Tod, die ihn mitgenommen hatten und nicht mehr haben an das Gute glauben lassen. Es war schrecklich für ihn und auch seine Freunde gewesen, von denen er sich stark abgewandt hatte in der Zeit. Er verspürte Hass, Trauer und Angst; Hass wegen Nina, die er so mochte und von der nie gedacht hatte, dass sie so etwas täte; Trauer wegen Teri, da ihr Tod ihn in diese Lage einst brachte; Angst vor dem, was ihm bevorstand. Es erinnerte ihn an den nahezu Zusammenbruch, den er vor ein paar Jahren fast erlitten hatte und auch an den Moment, als er das letzte Mal mit seinen Freunden Tony, Michelle, Chloe, Bill und Präsident Palmer, wie ihn Jack insgeheim noch nannte, gesehen hatte, unwissend, dass er sie bald wieder sehen würde, und unter neuen Namen, mit der Absicht, dieses Leben besser zu führen, in die Welt hinaus gegangen war. Doch es war alles anders gekommen.
Von Audrey musste er sich verabschieden und auch seine Freunde hatte er wieder hinter sich gelassen. Es schmerzte, als er dachte, dass er Audrey wohl nie wieder sehen würde, dass er wieder ein neues Leben anfangen musste, dass er es einfach nicht auf die Reihe bekam, die Menschen, die er mochte, zu schützen. Vage kamen ihm die Worte Heller´s in den Sinn, dass alle, die ihm nahestanden, irgendwann unter gehen würden. Das Schlimmste aber war, dass es stimmte. Er schämte und hasste sich zugleich dafür. War das der Preis dafür, dass er seinem Land gedient hatte? War es das, was er bekam, dafür, dass er seinem Land dienen wollte und gedient hatte? War es seine Schuld oder die seines Landes gewesen, dass alles so gelaufen war?
Fragen über Fragen, die ihn gequält hatten. Er war am Strand gelaufen, nicht wissend, was er machen sollte. Sein Leben war wieder den Bach runter gegangen und hatte, wie er meinte, keinen Sinn mehr. Er versuchte diesen Gedanken aus seinem Kopf zu bekommen, doch der Gedanke, dass er hätte von der Klippe springen sollen um sich und andere glücklich zu machen, war stärker. Er hatte mit sich und seinen Gefühlen gekämpft um nicht umzudrehen und Besagtes wahr zu machen, war weitergelaufen und hatte sich weiter gefragt, was er machen sollte. In den Staaten wollte er, aus Angst davor, erkannt zu werden oder jemand Bekannten zu sehen, nicht mehr bleiben und hatte auch Europa aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und zu dichter Bevölkerung ausgeschlossen.
Er wollte einfach allein sein – weit weg von dem, was ihn an sein altes Leben erinnerte; außerdem in der Hoffnung, nochmal versuchen zu können, ein neues Leben anzufangen und dieses so gut es geht zu leben. Hoffnung; die Hoffnung, dass er eine neue Liebe finden, eine neue Arbeit tätigen und sich und andere glücklich sehen würde – das war es, an das er dachte, um die schlechten und besorgten Gedanken auszusortieren; um die Gedanken über Kim, die sicher alleine auf sich aufpassen konnte, - Chase war ja bei ihr – die ihn, wie er sie, vermisste, zu verdrängen; um die Gedanken über Bill, Tony und wie sie nicht alle hießen, die, die ihn die Jahre so unterschützt und an ihn geglaubt hatten, in die hintersten Ecken seines Gedächtnisses zu verstauen, um diese, wie jene andere Gedanken, nur zu verstecken, um sie eines Tages, wenn der Augenblick gekommen ist, wieder klar und deutlich in Erscheinung treten zu lassen.
Es mussten unendliche Stunden, so kam es im vor, gewesen sein, - seine Füße zeigten schon die ersten Blasen – als ihm jemand einfiel, an den er sich wenden und mit ihm leben konnte. Es war sein alter Freund und Mentor Carl Benton gewesen, an den er sich erinnert hatte; der, der ihn in so manch kniffliger Lage zur Seite stand. Als er das letzte Mal von ihm gehört hatte, wollte er nach Sangala, einem Ort, wie er dachte, an dem er würde leben können; weit weg von dem, was er erlebt hatte, in einer ruhigen Gegend, Carl bei der Schule helfend, lebend – das hatte er sich vorgestellt, den Blasen an den Füßen getrotzt und den langen Weg nach Sangala gewagt.

Jack wachte auf. Sein Weg nach Sangala war ihm durch den Kopf gegangen. Er schaute auf die Uhr; 5:30 – Zeit zum Arbeiten und Frühstück machen für die Kinder, die es gar nicht erwarten konnten, in die Schule zu gehen; ein Luxus, den sich nicht alle leisten konnten.