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Zwischen Hoffnung und Verzweiflung
by Schusy

Titel: Zwischen Hoffnung und Verzweiflung
Autor: Schusy
Altersfreigabe: FSK 12
Paarung/vorkommende Charaktere: Audrey
Kategorie: Drama
Zusammenfassung: Nach Season 5 – nachdem von seitens der Regierung nichts unternommen wurde, um Jack aus der chinesischen Hölle zu holen, hat Audrey sich selbst auf den Weg nach China gemacht.
Disclaimer: Es gehört alles 24; Ich verfolge keinerlei finanzielle Interessen mit dieser Story. Ich möchte nur, dass andere Fans Spaß beim Lesen haben.

Verwendeter Vorschlag:

TonysGirl (nach Season 5)
Audrey versucht herauszufinden, was mit Jack passiert ist, nachdem er so plötzlich verschwunden war, als Kim anrief.

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Audrey war verzweifelt. Müde und mit Tränen in den Augen, saß sie auf dem einzigen Stuhl in einem karg eingerichteten Zimmer und starrte gedankenversunken aus dem Fenster. Draußen strahlte die Sonne, aber das nahm sie gar nicht wahr, denn ihre Gedanken weilten an einem anderen Ort. Wie lange war es jetzt schon her, dass sie sich heimlich hatte auf den Weg gemacht? Wochen, Monate? Die Zeit hatte für sie an Bedeutung verloren, denn der ständige Wechsel zwischen Hoffnung und Enttäuschung hatte ihre Kräfte aufgezehrt - und dennoch trieb sie die Ungewissheit ständig weiter.

Ein Klopfen, riss sie aus ihrer Lethargie und brachte sie in die Wirklichkeit zurück. Ängstlich sah sie zur Tür – ja, auch das hatte sie hier kennen gelernt – die Angst. Sie wagte sich nicht zu rühren und hielt unwillkürlich die Luft an.

„He Miss, ich haben hier eine Nachricht für Sie.“ Hörte sie die bekannte Stimme von Liang sagen.

Vor Erleichterung seufzte Audrey leise auf und die Anspannung der letzten Sekunden fiel von ihr ab. Liang gehörte dieses Haus, das er so hochtrabend als Hotel bezeichnete, obwohl dieses Etablissement diesem Namen keineswegs gerecht wurde. Unter normalen Umständen hätte Audrey um derartige Örtlichkeiten einen weiten Bogen gemacht, aber hier war eben nichts normal und sie musste froh sein, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben. Ein wehmütiger Seufzer entrann ihren Lippen, bevor sie sich mühsam erhob. Für einige Sekunden musste sie sich auf den Tisch stützen, um nicht zu fallen, denn wie so oft in letzter Zeit, wurde ihr kurz schwarz vor Augen. Sie atmete tief durch und richtete sich entschlossen auf.

„Moment, ich komme.“ Dabei versuchte sie ihrer Stimme einen festen Klang zu verleihen.

Erst langsam, dann sicherer werdend, ging sie zur Tür. Jedoch zögerte sie kurz, bevor sie diese dann öffnete. Liang Fengs feistes Gesicht erhellte sich bei ihrem Anblick und er betrachtete sie bewundernd.

„ Miss sehen heute wieder gut aus.“ Brachte er eins seiner unzähligen, völlig überflüssigen Komplimente an.

Audrey wusste, dass sie alles andere als gut aussah, aber sie konnte es sich nicht leisten, Liangs Wohlwollen zu riskieren. Also machte sie gute Miene zu bösem Spiel und ließ geduldig, seine oft recht anzüglichen Bemerkungen über sich ergehen. Solange es bei Worten blieb, war ihr das reichlich egal, denn sie hatte schnell lernen müssen, sich an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Es war nun mal eine Tatsache, dass eine allein reisende Frau hier für Aufsehen sorgte, doch genau das war etwas, was sie unter allen Umständen vermeiden musste. Aufzufallen konnte für sie leicht tödlich enden – das war ihr nur allzu bewusst geworden.

Ihr war klar gewesen, dass es nicht einfach werden würde, dass es unzählige Hindernisse zu überwinden galt. Trotzdem war so etwas wie Hoffnung und Zuversicht in ihr gewesen, als sie Washington verlassen hatte, ohne einem Menschen von ihrer Absicht zu unterrichten. Doch allein schon der Weg nach China hatte sich als weitaus schwieriger erwiesen, als sie gedacht hatte. Immer wieder hatte sie Umwege in Kauf nehmen müssen, um ihre Spuren zu verwischen - und hier hatte sie ihre Suche dann immer tiefer ins Innere des Landes geführt. Weit weg von den großen Städten mit all dem Trubel und Lärm – aber auch weit weg von jeglicher Zivilisation. Hier schien das Leben stehen geblieben zu sein und die Menschen führten ein karges Dasein. Audrey musste sich eingestehen, dass sie am Ende war. Alle Spuren waren im Sand verlaufen und sie wusste einfach nicht, was sie noch hätte unternehmen können. Ihre finanziellen Mittel waren längst aufgebraucht und in dieser gottverlassenen Gegend gab es nicht einmal ein Telefon, mit dem sie hätte ihren Vater um Hilfe bitten können. Ein Anruf bei ihm und man würde sie innerhalb kürzester Zeit hier rausholen, aber diese Möglichkeit bestand eben nicht. So war Liang ihre einzige Hoffnung von hier wegzukommen, denn zwei Mal im Monat fuhr er zum Einkaufen in den nächstgrößeren Ort und er hatte ihr versprochen, sie beim nächsten Mal mitzunehmen. Von dort konnte sie dann Kontakt mit ihrem Vater aufnehmen – doch bis dahin saß sie hier fest.

„Miss?“ Liangs besorgt klingende Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Verwirrt starrte sie auf den kleinen Zettel, den er ihr hinhielt.
„Dieser Zettel wurde abgegeben für Sie, Miss. … Miss haben Probleme? Vielleicht Liang können ihr helfen.“ Seine Stimme hatte jetzt einen leicht lauernden Klang, der Audrey alarmierte.
„Nein, danke, Liang. Es ist alles okay. Woher haben sie diese Nachricht?“ fragte sie misstrauisch.
„Ich Mann nicht kennen, aber er sagen, dass er Sie kennen.“
„Danke, Liang.“ Erwiderte Audrey knapp, nahm den mehrfach gefalteten Zettel an sich und wollte bereits die Tür wieder schließen als Liang sagte.
„Ich haben gekocht frischen Tee – wenn Sie wollen, dann Sie kommen runter und wir trinken zusammen.“ Dabei blitzte es in seinen Augen gierig auf und Audrey hatte Mühe ihren Widerwillen nicht zu zeigen.
„Das ist lieb von Ihnen, aber ich hatte gerade vor, einen Spaziergang zu machen – vielleicht wenn ich zurück bin.“ Versuchte sie ihn zu vertrösten.
„Okay … ich warten auf Sie.“ Erklärte er prompt und Audrey bereute ihre Worte bereits.

Ziemlich hastig schloss Audrey die Tür, entfaltete schnell das Papier und las die wenigen Worte: „Wenn Sie etwas über den Aufenthaltsort von Jack Bauer wissen wollen, dann kommen Sie heute gegen 16:00 Uhr zum alten Tempel.“ Audrey wurde ganz schwarz vor Augen und ihre Knie gaben nach. Langsam rutschte sie an der Tür nach unten, ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sollte sie letztendlich doch noch Glück haben und etwas über Jacks Verbleib erfahren, nachdem bisher all ihre Bemühungen ohne Erfolg geblieben waren? Audrey krallte sich mit aller Hoffnung an diesen Gedanken und verdrängte alle Bedenken. Nur allzu deutlich erinnerte sie sich an jenen Moment, als allen so langsam klar wurde, was mit Jack geschehen war. Er hatte nur mit Kim telefonieren wollen, doch Audrey hatte vergeblich auf seine Rückkehr gewartet und sich dann auf die Suche nach ihm gemacht. Gefunden hatte sie nichts, wohl aber die Techniker, die sich dieser Sache dann angenommen hatten. Man hatte Fingerabdrücke Jacks am Telefon gefunden, man hatte aber auch Hinweise gefunden, die darauf schließen ließen, dass ein kurzer Kampf stattgefunden haben musste. Die Auswertungen hatte nur eine Schlussfolgerung zugelassen – man hatte ihn entführt.

Bill und Chloe hatten alles versucht um herauszufinden, was in diesen wenigen Minuten geschehen war. Schnell wurde klar, dass der Anruf nur dazu diente, Jack in eine Falle zu locken. Anhand gründlicher Tatortuntersuchen und mittels Satellitenbilder, konnte diese Zeit ziemlich genau rekonstruiert werden. Doch das Ergebnis war niederschmetternd gewesen. Man hatte herausgefunden, dass die Chinesen ihre Hand im Spiel hatten und allen war klar geworden, was das für Jack bedeutete. Dann hatte man gehandelt, aber anders als Jacks Freunde sich das vorgestellt hat. Die weitere Bearbeitung war der CTU auf Anordnung von ganz oben entzogen worden und es war selbst für Audrey fast unmöglich gewesen an Informationen zu kommen. Kein Wunder, denn es gab schlichtweg keine Information, oder nur kaum – Jacks Entführung wurde im wahrsten Sinne des Wortes ‘totgeschwiegen‘.

Immer wieder hatte Audrey versucht alle möglichen Stellen zu mobilisieren, um etwas für Jacks Befreiung zu unternehmen, aber egal wo sie auch vorsprach, sie stieß auf taube Ohren. Man bedauerte zwar den Vorfall und versprach, sich darum zu kümmern, doch wirklich was unternommen wurde von keiner Seite. Im Gegenteil, manchmal schien es ihr, als wäre man ganz froh über die Entwicklung der Dinge – andererseits schienen Einige um die Sicherheit des Landes besorgt zu sein, denn Jack verfügte über viele, geheime Informationen. Doch man vertraute wohl auch darauf, dass er schweigen, oder die Folter der Chinesen nicht überleben würde.

Für Audrey waren das schreckliche Tage gewesen. Verzweifelt und wütend zugleich, hatte sie das alles in tiefe Depressionen gestürzt. Jack hatte sich wieder und wieder für sein Land eingesetzt, hatte Katastrophen verhindert und Terroristen zur Strecke gebracht, aber jetzt, wo er Hilfe brauchte, erfand man läppische Ausreden, warum einem aus politischen Gründen die Hände gebunden waren. Niemand bezweifelte, dass es eine schwierige Situation war, aber derer hatte es schon viele gegeben, dennoch hatte man stets versucht sie zu lösen, auf die Eine oder andere Art.

Selbst ihr Vater hatte ihr erklärt, im Moment nichts für Jack tun zu können. Dieses Verhalten hatte sie zutiefst enttäuscht, aber zugleich rief es in ihr den Wunsch wach, selbst etwas zu unternehmen. Sie hatte lange mit sich gerungen und dann einen Entschluss gefasst, denn wenn sie weiterhin tatenlos abgewartet hätte, dann wäre sie wahrscheinlich verrückt geworden. Sie hatte einfach keine Ruhe mehr gefunden, war nervös, unausgeglichen und mit ihren Gedanken ständig abwesend gewesen. Sie hatte kaum noch schlafen können und das Essen war zu einer reinen Pflichtsache geworden. Wenn sie nicht an ihrem Kummer zerbrechen wollte, dann hatte sie etwas unternehmen müssen - wenn Keiner bereit war, einen Finger für Jacks Befreiung zu rühren, dann musste sie das eben tun.

Ihre Erfahrungen als rechte Hand ihres Vaters, hatten ihr bei den Vorbereitungen zu diesem Unternehmen geholfen. Sie hatte Informationen eingeholt, ihre Vorgehensweise geplant und falsche Hinweise über ihre Ziele ausgestreut. Als sie geglaubt hatte, alles gründlich genug durchdacht zu haben, hatte sie sich auf den Weg gemacht. Sie hatte Schwierigkeiten eingeplant und mit Rückschlägen gerechnet, was dann jedoch tatsächlich auf sie zugekommen war, hatte ihre Vorstellungen weit übertroffen. Dennoch hatte sie nicht aufgegeben, denn der Gedanke an Jacks Martyrium hatte sie immer weiter getrieben. Sie wusste, dass die Chinesen alles versuchen würden, um Jack zum Reden zu bringen, doch sie wusste auch, dass das nicht geschehen würde. Umso unvorstellbarer und grausamer mussten die Mittel sein, die seine Peiniger ihm zugedachten. Dieses Wissen hatte ihr Kraft gegeben und sie bis hierher gebracht. Doch dann schien es, als wäre alles vergebens gewesen. Von hier hatte einfach kein Weg weitergeführt und die Strapazen der letzten Wochen hatten ihren Tribut von ihr gefordert.

Liang war es gewesen, der sie buchstäblich am Straßenrand aufgelesen hatte und in sein Haus gebracht hat. Seitdem wartete sie voller Ungeduld auf den Tag, an dem er sie von hier fortbringen würde, denn sie wusste, dass die Chinesen über ihre Ankunft informiert waren und dass man sie fieberhaft suchte. Sie wusste aber auch, dass sie niemals in deren Hände fallen durfte, denn sie konnte sich nur all zu gut vorstellen, was man dann mit ihr anstellen würde. Und mit jedem Tag, den sie hier verbrachte, wuchs die Gefahr, dass man sie finden würde.

Erneut fiel ihr Blick auf den unscheinbaren Zettel in ihrer Hand. Konnte sie dem Inhalt trauen, oder wollte man sie in eine Falle locken? Wer war der mysteriöse Absender dieser Nachricht? Der alte Tempel lag nur wenige Kilometer vom Dorf entfernt. Sie hatte ihn schon zweimal aufgesucht, um dort in Ruhe über ihre Lage nachdenken zu können. Nur selten suchten die Einheimischen dieses Ort auf und Fremde verirrten sich nie dahin. Die Kinder aus dem Dorf nutzen dieses Gelände hin und wieder für ihre Spiele. Der Tempel selbst war schon lange verlassen und der Zahn der Zeit hatte bereits an ihm zu nagen begonnen. Der Zeitpunkt des Treffens war am Nachmittag und Audrey konnte sich nicht vorstellen, dass ihre Verfolger diesen Aufwand betreiben würden, sie an einen einsamen Ort zu bestellen, wo sie doch jederzeit die Möglichkeit gehabt hätten, sie auch hier aufsuchen können. Sie musste das Risiko einfach eingehen, denn vielleicht würde sie tatsächlich Hinweise über Jacks Aufenthaltsort erhalten. Ein Blick auf ihre Uhr sagte ihr, dass ihr noch ca. 3 Stunden Zeit blieben. Trotzdem beschloss sie, sich bereits auf den Weg zu machen. Ihr würde schon eine plausible Erklärung für Liang einfallen, warum sie ihren Spaziergang so ausgedehnt hatte.

Sie wählte nicht den direkten Weg, sondern schlug einen Bogen, um den Tempel von seiner Rückseite zu erreichen. Still und verlassen lag die Anlage vor ihr. Sie hatte diese eine Weile beobachtet und nichts Verdächtiges bemerken können. Dennoch zögerte sie, ihre sichere Position aufzugeben. Es blieben ihr nur noch wenige Minuten und sie musste sich entscheiden. Nachdem sie das Gelände mit Blicken noch einmal durchforstet hatte, erhob sie sich und schritt entschlossen auf den Tempel zu. Weder ein Wagen noch ein Mensch war zu sehen, trotzdem beschlich sie das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Suchend sah sie sich um, doch außer einigen Vögeln schien sich kein weiteres Lebewesen hier aufzuhalten. Langsam umrundete sie den Tempel und bleib vor dessen Eingang stehen.

„Hallo Miss Raines. Ich freue mich, dass Sie unserem Land einen Besuch abstatten, aber warum so heimlich?“ beim Klang dieser Stimme gefror ihr das Blut in den Adern. Wie gebannt starrt sie auf die Türöffnung und sah, wie Cheng aus dem Dunkel ans Tageslicht trat. Ein befriedigendes Lächeln lag auf seinem Gesicht.

         
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