Musenkuß
zum (Ein-)Sendeschluß
by Sven 1421
Verwendete
Wettbewerbsvorgaben:
Guy-rescuer
· (Zwischen Season 3 und Season 4)
Tony dreht durch und versucht illegal ans Geld zu kommen,
weil er am Boden zerstört ist! (Wegen der Trennung!) Was
lässt er sich einfallen? Holt er sich vielleicht Pläne
aus der CTU, um leichter eine Bank auszurauben?
Beast
· (Pre Season 1)
Wie kam Teri zu ihrer Strickjacke?
---
"Hoppla!"
"So passen Sie doch auf!"
Eine Menge loser Blätter, die sich gerade noch gut
gestapelt auf dem Weg in einen DIN A4-Umschlag befunden
hatten, verteilte sich auf dem frischgewachsten Linolium
des städtischen Postamts von Forum City. Vier Hände
versuchten Sekunden später mehr oder weniger geschickt
das dadurch hervorgerufene Wirrwarr wieder zu ordnen.
"Entschuldigen Sie bitte, ich habe Sie leider zu
spät bemerkt."
"Ja, wenn man es schon mal eilig hat. Hier ist doch
gleich Feierabend, und ich wollte unbedingt noch meine
Fanfic aufgeben! Helfen Sie mir beim Sortieren?"
"Aber gern, wenn ich mein Mißgeschick damit wieder
gutmachen kann! ... Ah, ich glaube, ich habe hier die
erste Seite ... Moment, ich lese es Ihnen einmal vor:
Tony Almeida saß mit gesenktem Kopf in seinem Sessel.
In der Hand hielt er seine geliebte Cubby, die statt mit
wohligwarmem Kaffee zur Feier des Tages heute mit
billigem Fusel gefüllt war. Mit gespieltem Grinsen
prostete er einmal kurz der schwarzen Mattscheibe seines
abgeschalteten Campingfernsehers zu. Ja, so war das
wundervolle Leben als Single! Viel war ihm nicht
geblieben. Und wenn es nach den Herren des
Inkassounternehmens "Knochenbrecher & Söhne"
ging, die ihn gerade im Dreierpack beehrt hatten, dann
sollte ihm nicht mal das Wenige bleiben! Geld mußte her,
wenn ihm seine weitere körperliche Unversehrtheit
irgendwie noch am Herzen lag! Aber wie? In seinem Kopf
drehten sich die Gedanken und fuhren Karussell ... immer
schneller und schneller ... mit allen 40 Umdrehungen, die
der hochprozentige Koffeinersatz in seiner Tasse hergab.
Die Situation, in der er sich befand war übel! So übel
wie ihm morgen früh wieder sein würde, wenn die
Karussellfahrt auf seinem durchgelegenen Sofa beendet war.
Schluß! Tonys Faust schnellte auf den Tisch, und der
gedankliche Kreisverkehr kam im selben Moment ruckartig
zum Erliegen. Er erinnerte sich an einen dänischen Film,
den er gestern in einem seiner drei verbliebenen
Fernsehsender gesehen hatte ... irgendwas mit Olsenbande
... Egon Olsen, so ein ewiger Verlierer und Knastbruder
mit zwei stümperhaften Freunden namens Benny und Kjeld,
die jeden seiner genialen Pläne zunichte zu machen
verstanden und ihm damit stets statt zu den erhofften
Millionen nur wieder zu neuen längerfristigen
Gefängnisbesuchen verhalfen. Aber dieser arme Tropf
hatte jederzeit etwas parat, was Tony Almeida momentan
auch dringend brauchte ... einen Plan. Tony grübelte,
dann nahm er sich einen Bierdeckel und einen Stift zur
Hand und begann, das Ergebnis dieses Grübelns blau auf
grau festzuhalten. Nach einer halben Stunde schien der
Plan ausgereift und war - wie er still und leise zu sich
selbst meinte - mächtiggewaltig!
Tony Almeida richtete sich mit einiger Mühe auf, ergriff
seine Autoschlüssel und sein Handy und eilte zu seinem
Dodge, der in der Einfahrt auf ihn wartete. Ein paar
geübte Schläge an verschiedene Stellen des
Amaturenbrettes genügten, und die rostige Blechlawine
setzte sich keuchend und prustend in Bewegung. Schnell
erreichte der Wagen seine Höchstgeschwindigkeit von 35
km/h und brachte seinen Fahrer in Windeseile zum
angestrebten Ziel - dem Büro des Mannes, der ihm vor 4
Monaten so großzügig und aus reiner Menschenliebe einen
Sofortkredit über 24000 Dollar bei läppischen 32
Prozent Zinsen gewährt hatte ... naja, ein echter Freund
eben. Und Tony wollte sich heute endlich einmal für
diese Tat erkenntlich zeigen. Innerhalb weniger Sekunden
hatte Tony sich die Feuerleiter auf dem Hinterhof des
Bürogebäudes geangelt und das angelehnte Fenster des
edlen Spenders erklommen. Gelernt ist eben gelernt! Nun
stand er vor einem großen Panzerschrank der Marke "Franz
Jäger - Berlin". Auch vor diesen Dingern hatte der
Fortschritt nicht Halt gemacht! Klickende Schlösser,
deren feinen Melodien man andächtig mit angelegtem
Stetoskop lauschen mußte, gehörten längst der
Vergangenheit an ... Nein, hier versperrte nur ein
Codeschloß den Zugang zu den Gemächern von Herrn Mamon
und Frau Zaster! Und um diese Hürde zu nehmen reichte
wie früher bei Detektiv Rockfort ... ein Anruf! Almeida
ließ seelenruhig seine Fingerchen mit der Klaviatur
seines Handys spielen, welches dem Maistro sekunden
später mit einer kleinen Wähltonmelodie antwortete. Am
anderen Ende meldete sich eine weibliche Stimme: 'CTU Los
Angeles. Agent Sesam am Apparat. Was kann ich für sie
tun?'
Tony räusperte sich kurz, dann veränderte sich seine
Stimme auf wundersame Weise: 'Hier ist Agent Manning.
Identifikationsnummer: 1901. Ich befinde mich im Büro
von Henry Lunke, 2008 Windows Vista Plaza und benötige
den Zugangscode für den dazugehörigen Tresor. Und es
eilt! Wahrscheinlich enthält der Safe ein für mich
überlebenswichiges Antiserum ...'. Das war nicht mal
gelogen. Der Schrank enthielt das Antiserum gegen Tonys
chronischen Geldmangel in Form von vielen kleinen, nicht
registrierten grünen Scheinchen, die dieser H. Lunke in
unermütlicher, skrupelloser Kleinarbeit von armen
Schluckern wie ihm bekommen hatte. Eine zarte Stimme aus
dem Lautsprecher seines Handys rieß ihn aus seinen
Gedanken: 'Mister Mannings, der Zugangscode lautet:
240172'. Ein Lächeln zog in Tonys Gesicht ein, dasselbe
Lächeln, daß ihn vor einigen Monaten zusammen mit
Michelle für immer verlassen zu haben schien.
Freudestrahlend hauchte er in sein Mobiltelefon: 'Danke!
Sie haben soeben ein Leben gerettet!'
Nur wenige Momente später gab der Geldschrank seinen
Inhalt preis. Tonys Augen überflogen die Ausbeute seines
nächtlichen Ausflugs, es mußten in etwa 200000 Dollar
sein, die er da ordentlich verpackt in Händen hielt. In
aller Ruhe entleerte Tony den Müll aus dem im Büro
stehenden Papierkorb auf den oberflächlich so sauber
erscheinenden Teppich. Dann entnahm er die Plastiktüte
aus dem Korbinneren und verstaute das Geld darin. Nun war
es ihm nicht nur möglich, seine Schuldeneintreiber
zufriedenzustellen, sondern auch ein wenig Luxus in sein
schäbiges Heim einkehren zu lassen. Er war so in
Gedanken versunken, daß er gar nicht bemerkte, wie
plötzlich ...
Manno, immer wenn es gerade am spannendsten ist. Wo ist
denn nur die nächste Seite der Geschichte?"
Eine zittrige Hand ergriff das einzige noch am Boden
verbliebene Blatt des heruntergefallenen Manuskripts. Ein
erwartungsvolles Augenpaar huschte über das Blatt, und
der dazugehörige Mund verwandelte mit seinen Lippen
ausdrucksvoll die gelesenen Worte in Töne:
"Also, dann wollen wir doch mal sehen, wie alles
endet. Die Spannung ist ja unerträglich. Wird denn
dieser arme Kerl mit dem Geld glücklich werden, oder
nicht. In Ordnung, hier geht es also weiter:
... die Tür ins Schloß fiel. Sie hatte sich nahezu
unbemerkt aus seiner Umarmung gelöst, die ihr und ihm
bisher doch gleichermaßen viel bedeutet zu haben schien,
und war gegangen ... einfach und ohne ein Wort. Doktor
Parslow realisierte nur langsam die neue Situation. Er
hatte sich falsche Hoffnungen gemacht. Ja, Teri hatte
jemanden zum Reden gebraucht. Nicht weniger ... aber eben
auch nicht mehr! Für alles andere hing sie scheinbar
doch immernoch zu sehr an Jack, ihrem Mann, von dem sie
seit geraumer Zeit getrennt lebte. Sie hatte einen Freund
gesucht und keine neue Liebe. Und da war er einfach
gerade da gewesen. Er hatte ihr ein Ohr zum Zuhören und
eine Schulter zum Anlehnen geboten. Und sie hatte das
Angebot nur allzu dankbar angenommen. Ihr Jack war in den
letzten Jahren ihres Zusammenlebens einfach zu selten
dagewesen, um ihr Ebenbürtiges bieten zu können. Bei
Doktor Parslow hatte sich Teri geborgen gefühlt. Und
für einen Moment hatte sie es ja auch geglaubt, daß
daraus mehr werden könnte. Aber je mehr dann daraus zu
werden schien, desto klarer wurde ihr eben, daß sie
dafür keineswegs bereit war. Und in der letzten
Konsequenz war ihr nichts übriggeblieben, als sich noch
einmal mit Parslow zu verabreden und sich in aller
Freundschaft von ihm zu verabschieden. Er hatte ihr
zärtlich durchs Haar gestreichelt, als sie ihm zu
erklären versucht hatte, daß sie Zeit zum Nachdenken
brauche. Oh je, dieser Mann war so einfühlsam und
verständnisvoll, er hatte einfach nicht verdient, daß
sie ihm falsche Hoffnungen machte. Und er, er hatte noch
ein letztes Mal mit geschlossenen Augen den Duft ihres
Haares tief in seine Nase eingesogen, so als wollte er
ihn für die Ewigkeit konservieren. Nun waren seine Augen
wieder geöffnet ... und Teri war verschwunden.
Wahrscheinlich für immer! Sein Kopf begann wieder klarer
zu denken! Ja, er würde sie vermutlich nie wiedersehen
... ebensowenig wie seine Strickjacke, die er ihr vor ein
paar Wochen auf unbestimmte Zeit geliehen hatte, weil sie
doch immer so schrecklich fror! - ENDE
Was um alles in der Welt ist denn das? Das ist ja eine
ganz andere Geschichte! Da müssen Sie wohl ein Blatt
verwechselt haben in ihrem eiligen Bemühen, den
Abgabetermin noch einzuhalten, wie?"
"Tja, scheint ganz so! Aber es hilft nichts! Jetzt
bleibt mir einfach keine Zeit mehr. Frau Schusy wird den
Einsendeschluß wohl kaum verschieben, nur weil ich mich
bei der letzten Seite vergriffen habe! Ab damit in den
Umschlag und nichts wie in den Briefkasten! Und dann
bleibt mir nur eins, hoffen und beten, daß mein Beitrag
die strengen Kriterien erfüllt, die mir da vor 6 Wochen
vom Bauer Verlag gestellt wurden!"
"Na, ich wünsche Ihnen auf jeden Fall viel Glück,
Herr ... Herr ..."
"Schindler. Sven Schindler. Und wie ist Ihr Name?"
"Muse. Einfach nur Muse. Gestatten Sie, daß ich Sie
zum Abschied küsse?"
"Das haben Sie schon! Und zwar mehrfach! Aber Sie
dürfen es gern noch einmal tun! Und dann immer wieder!"
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